Die Prophezeiung
aus dem Heimatbüchlein "Kumetauerisch"
im Spiegel seiner Mundart.
von Franz Klinger +
Ergänzungen von Helmut Mürling
Karl Jentscher, der einstige Obmann des Erzgebirgsvereins hat im Jahre 1885, also vor gut 130 Jahren beklagt, daß die Komotauer Mundart, unser Dialekt, immer mehr von der deutschen Schriftsprache verdrängt werde. Durch den Zuzug reichsdeutscher Einwanderer, bedingt durch die Ansiedelung neuer Arbeitgeber (Mannesmann), werde das unverfälschte "Kumetauerisch" immer mehr verdrängt.
Diese Prophezeiung ging Gott sei Dank nicht auf. Die Mundart erlebte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts statt dessen eine ungeahnte Blütezeit. Überall, wo Gelegenheit dazu war, konnte man ein unverfälschtes "Kumetauerisch" vernehmen. Von der Wiege bis zum Grabe waren die volkstümlichen Ausdrücke erhalten geblieben. Das änderte sich freilich mit der Vertreibung schlagartig, als von den neuen Bewohnern die tschechische Sprache mitgebracht wurde. Bei den in der Heimat verbliebenen Deutschen jedoch hielt sich bis heute ein bescheidenes Maß an Komotauer Dialekt.
Damit dieser nicht ganz in Vergessenheit gerät, gebe ich Ihnen die Abhandlung vom Mundartspezialisten Franz Klinger (Quellerich) aus dem Jahre 1925 wieder:
Kindheit
Ich habe bei den Leuten immer wieder von Bischlkinnern gesehen und gehört; erst git sochte o, of amol schreits grod naus, brüllt, wie was wie, wie e Zohbrecher oder wie wenns am Spieß stecken tät, ´s gerglt, dos orme werml- do hört ma im Lärm en Pfutzer un es Matzl werd ruhich, grinst, locht af aamol übers gonze Gsichtl- hm aha `s is Luft worn, vu hintn nämlich. Ist das erstgeborene Kind ein Mädchen, so heißt es - ze erscht kimmts Kinnermadl, e Gungl ower is is natürlich e Prinz. Gitts zer Taaf, in de Kerch, so trächt de Hewomm an Heidn fort und bringt en Kristn widder. Er heißt nun Adi, Edi, Gustl, Ottl, Rudl, Zenfl, Wenzerle, Josi oder weiblich Reserle, Elserle, Mizl, Tini, Hedl, Annerl, Linerle, Mariannl, Staferle, Lieserle, Mantschi, Antschi oder Wawerle. Die Taufgäste bewundern das herzige Zuckerguschl; set ner, set ner, dr gonze Vottr. Dobei wird der gonz verlegen, als wenn er net wißt, wie derzu kimmt.
Die Kinner lerne lafn un wern Hemmtschembr, Hussntrumpetr, Husnscheißer; ´s hängtne dr Hemmschwonz hintn naus. Erscht seis Herzpinkerle, Herzplattln, Pitschkerle, Nesthäkerle, Nockepfietzn, es werd huppe,huppe Reiter, fällt´r net dann schreiter oder hale, hale Katzl, dr Hund mocht e Batzl, gemocht, engele getrogn, dann wern Daumelutscher, Schnoppseck, hakle Dingering, Hortschedln, blekete Kegln, Giftnudln, Stinkewitzn, Lametierhelzer; es heißt im Guten- werste folgn!- Fiftern kriegste pusch, pusch, pusch! Werd der gleich helfn! Glei werd ans setzn! Hilfts nix, kriegn se boor treiche Toppn , so kriegn´s hinters Gsicht ausgepuscht, e Poor ofs Loch, wern ausgedoppelt. Zuletzt ist man froh, wenn se pumperle bleim un munter wie de Fischln. Wie´s schlimm is, wenn se de Zäh kriegn, oder gor s Fraas, do muß de Muttr fei wos ausstieh un osegn ´s is werklich ka Klaanigkeit, daß se am libstn dervoo laafn mecht., eh su a Wergl aus n grebstn heraus is. Wos wissn de Leit, die kaane Kinner hom, die wissn en blaue Teifl. Ower wor is, jede Heck werd schlechtr.
Das Kind wächst heran und kommt zur Entlastung der Mutter in ne Kinnergortn. Dort lernts lauter scheene Sochn. Gebetla, Liedln, Gsetzln, spillt mitm Baukastn, Helzln und Erbsn, flecht färwiche Popierstrafln, spielt im Gortn Hasl in der Grub, ri, ra Rutsch- mir fohrn mit dr Kutsch, Ringel= Ringel Reihe, Kinner sei mer dreie un vill onnersch.